Psychotherapeutische Praxengemeinschaft

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Ist es wichtig, sich selbst zu lieben?

Warum Selbstmitgefühl sinnvoller ist als Selbstwert und wie ACT uns hilft, Selbstmitgefühl zu kultivieren

In unserer schnelllebigen und wettbewerbsorientierten Welt werden wir oft ermutigt, selbstbewusst zu sein, um erfolgreich durch unser Leben zu gehen. Uns "selbst zu lieben", um unsere psychische Gesundheit zu fördern und unser Leben zufriedenstellend zu gestalten. Tatsächlich ist ein niedriger Selbstwert mit reduzierter mentaler Gesundheit und Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Miteinander assoziiert. Das haben sich viele Psychologen zum Anlass genommen, fortan in der Therapie einen großen Fokus auf die Steigerung des Selbstwertgefühls zu legen.

Neuere Forschungsergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass wir damit falsch liegen könnten. Denn therapeutische Methoden, welche auf die Steigerung des Selbstwertgefühls abzielen, sind oft wirkungslos. Im Gegenteil: Gegen einen selbstkritischen Gedanken im Sinne der Selbstwerterhöhung anzukämpfen, kann sogar die Glaubwürdigkeit dieses Gedankens steigern.

Schauen wir uns dazu das folgende Beispiel an: Eine junge Person hat den Gedanken "Mit mir ist etwas falsch.". Traditionell würden Patient und Therapeut versuchen, diesen Gedanken in der Therapie mit einem positiveren Gedanken zu ersetzen, den Gedanken zu stoppen, sich von ihm abzulenken, ihn zu widerlegen etc. - d.h. ihn zu bekämpfen. Der Gedanke "Mit mir ist etwas falsch." wird selbst zu etwas, was an dem Patienten falsch ist und verändert werden muss. Dadurch bestätigt sich der Gedanke immer wieder selbst und wird immer mächtiger.

Alle Menschen fühlen sich zuweilen unzulänglich oder unvollkommen. Ereignisse, die unser Selbstwertgefühl bedrohen, wie zum Beispiel soziale Ablehnung, familiäre Probleme oder persönliche Misserfolge, sind ein Teil unseres Lebens... wie Regen. Was wir aber tun können: Dem Selbstzweifel im Angesicht dieser schwierigen Situationen mit Selbstmitgefühl zu begegnen. Wie als würden wir einen Regenschirm aufspannen. Der Regen ist immer noch da, gewiss, er verschwindet nicht und wir können ihn nicht leugnen, aber seine Nässe und Kälte macht uns nun weniger aus.

Was verstehen wir unter Selbstmitgefühl? Selbstmitgefühl bedeutet:

  1. Sich selbst wohlwollend zu behandeln.

  2. Die eigenen Probleme als Teil einer gemeinsamen, menschlichen Erfahrung anzuerkennen.

  3. Den eigenen schmerzhaften Gedanken und Gefühlen mit Achtsamkeit zu begegnen.

Im Rahmen der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) können wir lernen, bei selbstkritischen Gedanken Selbstmitgefühl zu entwickeln und einen Regenschirm aufzuspannen. ACT basiert nämlich auf dem Konzept, dass es wichtig ist, unsere negativen Gedanken und Emotionen zu akzeptieren, anstatt gegen sie anzukämpfen oder sie zu ignorieren. ACT ermutigt uns, unsere Gedanken und Emotionen bewusst zu beobachten, ohne sie zu bewerten, und uns darauf zu konzentrieren, im Einklang mit unseren Werten zu handeln. In dem obigen Beispiel des jungen Patienten mit dem Gedanken "Mit mir ist etwas falsch." ginge es bei ACT also weniger um den Inhalt des Gedankens, sondern darum, wie der Patient mit diesem Gedanken umgeht. Den Gedanken nicht zu bekämpfen, sondern zu lernen, diesen Gedanken achtsam wahrzunehmen, ohne mit ihm zu verschmelzen. Zu verstehen, dass diese Art der Gedanken zu unserer gemeinsamen Erfahrung als Menschen gehört und uns selbst Verständnis und Mitgefühl entgegenzubringen, anstatt uns für diesen Gedanken fertig zu machen. Studien zeigen, dass Selbstmitgefühl auf diese Weise vor den ungünstigen Folgen von selbstkritischen Gedanken schützen kann. Weitere Studien konnten zudem zeigen, dass ACT Selbstmitgefühl steigern kann und gleichzeitig Stress, Angst und Depressionen reduziert werden.

Ist es also wichtig, sich selbst zu lieben? Das hängt davon ab, wie man es macht.

Angelehnt an: Is Self-Compassion More Important Than Self-Esteem? von Steven C. Hayes, Huffington Post, 16. Februar 2015